Ein paar wissenschaftliche Zahlen dazu, wieso Unternehmen sich das Wort "MENSCHLICHKEIT" in Großbuchstaben auf die Agenda setzen sollten.
BILD
Es ist schon ganz schön viel Zeit, die wir Menschen in unserem Leben mit der Arbeit verbringen. Zeit, die genauso zu unserem Leben gehört, wie alles andere auch. Und dass wir so langsam keine Lust mehr darauf haben, mit dem Betreten des Büros unsere Persönlichkeit und all unsere menschlichen Bedürfnisse in den Garderobenschrank zu hängen, dürfte mittlerweile ja eigentlich auch in der hintersten Reihe angekommen sein. Und ganz ehrlich, eigentlich sollten wir das Thema Menschlichkeit bei der Arbeit auch überhaupt nicht diskutieren müssen.
Aber da ja der reine Wunsch der Menschen nach mehr Menschlichkeit im Job irgendwie nicht so ganz auszureichen scheint, greifen wir jetzt mal auf etwas Härteres zurück: wissenschaftlich erhobene Fakten. Lasst uns mal sehen, was fehlende Menschlichkeit bei der Arbeit die Unternehmen eigentlich so kostet.
_________________________________________________________________________________________
Sagt zumindest der Gallup Engagement Index. Denn der macht etwas sehr Cooles – er untersucht seit 2001 regelmäßig, inwiefern sich die emotionale Mitarbeiterbindung zum Unternehmen auf den Betrieb auswirkt. Ganz konkret wird dabei erforscht, welchen Einfluss die Verbundenheit zum Arbeitgeber auf das Engagement, die Motivation und die Leistung hat.
Mitarbeiterbindung ist ein Produkt von Menschlichkeit.
Die emotionale Mitarbeiterbindung zu erfassen, ist natürlich erst mal gar nicht so easy. Gallup macht das so: Jedes Jahr werden 1000 volljährige Arbeitnehmer*innen in Deutschland gebeten, zwölf Aussagen zu bewerten, die sich auf die Themen Wachstum, Teamarbeit, Unterstützung und Grundbedürfnisse in der Firma beziehen. Also kurz: auf Menschlichkeit.
Beispiele *(1):
Basierend auf dem Antwortverhalten der Proband*innen ergeben sich dann 3 Gruppen:
Im Jahr 2020 sah die Verteilung *(2) wie folgt aus:
Von je 100 Beschäftigten in einem durchschnittlichen Unternehmen haben......
Gar nicht mal so gut, dieser Schnitt. Aber was bedeutet das jetzt fürs Unternehmen?
Fehltage
Fangen wir mit etwas leicht Messbarem an: mit Fehltagen. Man kann es schon vermuten, aber der Gallup Engagement Index bringt es für uns noch mal schwarz auf weiß: Mitarbeiter*innen mit einer hohen Bindung fehlen seltener. 2020 lag die Differenz der Fehltage zwischen den Teilnehmer*innen mit hoher emotionaler Bindung und denen ohne Bindung bei 2 Tagen *(2). 2016 ergab sich zwischen diesen beiden Gruppen sogar ein signifikanter Unterschied von 4 Tagen *(1).
Das mag im ersten Moment nicht sehr bedeutsam klingen. Führt man sich aber vor Augen, dass schon ein einziger Fehltag das Unternehmen zwischen 200 und 400 Euro kostet *(3), wird schnell klar: weniger Fehltage wären für den Betrieb schon nice.
By the way: Oft bleibt es ja gar nicht bei diesen Fehltagen. Denn natürlich bleibtnach jedem Fehltag Arbeit liegen, die dann zusätzlich von jemand anderem erledigt werden muss. Der Druck steigt, die Last steigt, die Motivation sinkt. Alles in allem schlecht für die Performance *(3).
BILD
Machen wir weiter mit einem Thema, dessen Tragweite den meisten Führungskräften nicht ganz klar zu sein scheint: innere Kündigung. 82 % der Menschen mit einer hohen emotionalen Bindung gaben 2020 an, in einem Jahr noch bei ihrer derzeitigen Firma arbeiten zu wollen. Von den Angestellten mit geringer Bindung wollen das nur 60 %. Und bei den Menschen ohne emotionale Verbundenheit zum Unternehmen sind es nur noch schlappe 41 % *(2).
Und was entsteht im Unternehmen, wenn so viele Mitarbeiter*innen schon längst innerlich gekündigt haben? Richtig: Kosten. Gallup selbst hat berechnet, dass die volkswirtschaftlichen Ausgaben aufgrund innerer Kündigung jährlich 96,1 bis 113,9 Milliarden Euro betragen*(2). In einer anderen Studie ergab die Befragung von 300 Manager*innen mit über 1000 Angestellten, dass die Fluktuationskosten pro Mitarbeiter*in bei ca 37.000 € liegen*(4). Hupsi. Ganz schön teuer, was?
Im Buch „Menschlichkeit rechnet sich“ haben sich die Autoren Stephan Brockhoff und Klaus Panreck die Verkettung von Konsequenzen, die aufgrund innerer Kündigung entstehen, mal etwas genauer angesehen *(3).
Wenn bspw. Moritz vom Vertrieb kündigt oder aufgrund fehlender Motivation gekündigt wird, darf sein Arbeitgeber tief in die Tasche greifen. Neben einer eventuellen Abfindung entsteht noch einiges an Kosten während der gesamten Zeit, bis Moritz' Stelle neu besetzt wird und weit darüber hinaus.
Denn Moritz hatte selbst noch einen Berg Arbeit auf seinem Tisch liegen. Mal ganz abgesehen von den regelmäßigen Aufgaben, die sowieso anfallen. Das alles dürfen jetzt erst mal die verbliebenen Kolleg*innen erledigen. Die wiederum sind dann wieder einer höheren Belastung ausgesetzt. Arbeit bleibt liegen, Motivation sinkt, Produktivität nimmt ab, Krankheitstage steigen.
Vielleicht müssen geplante Projekte warten, vielleicht müssen einige Aufträge abgelehnt werden. Durch die Neubesetzung der Stelle entsteht außerdem viel Arbeit: Anzeigen schalten, Bewerbungen sichten, Gespräche führen – das alles nimmt viel Zeit in Anspruch.
Und dann, wenn endlich jemand gefunden wurde, sagen wir mal Lena, wird es ja nicht besser. Denn mit Moritz ist auch seine Expertise gegangen und Lena muss jetzt erst mal eingearbeitet werden. Sie muss das ganze neue System erst verinnerlichen, Abläufe erlernen, sich "einfinden". Vielleicht muss sie sich weiterbilden, Seminare besuchen oder neue Programme erlernen.
Das kann sich schon mal über einige Monate ziehen. Während dieser Einarbeitungszeit leistet Lena etwa 70 % ihrer normalen Leistung. Das sind fürs Unternehmen monatlich 30 % ihres Monatsgehalts. Und das sind fürs Team 30 % ihrer Aufgaben. Die Last nimmt nicht ab. Und vielleicht kündigen auf diese Weise noch mehr Angestellte innerlich.
Fehltage und Kündigung lassen sich noch gut messen. Ein bisschen schwieriger wird es bei dem nächsten Punkt – meinem Lieblingspunkt: fehlende Motivation. Und die ist tatsächlich ziemlich teuer.
Denn was ja hinzukommt, ist, dass Moritz wahrscheinlich schon eine ganze Zeit vor seiner Kündigung aufgehört hat, wirklich effizient zu arbeiten. Denn er hatte ja schon innerlich gekündigt. Ihm fehlte die Bindung zum Unternehmen und darum war es ihm wahrscheinlich ziemlich egal, wenn Arbeit nur mittelmäßig erledigt wurde oder liegen blieb. Er war einfach unmotiviert.
Ob fehlende Motivation nun Auslöser oder Resultat innerer Kündigung ist, feststeht, dass man wahrscheinlich nicht 100 Prozent gibt, wenn man innerlich schon längst mit dem Job abgeschlossen hat.
Gallup hat auch hierzu ein paar interessante Daten erhoben: 2016 gaben 71 % der Menschen mit hoher Bindung an, durch das Arbeitsumfeld ihres Unternehmens zur Produktivität angeregt zu werden. Bei den Mitarbeiter*innen mit geringer Bindung sahen das nur 24 % genauso. Bei den Menschen ohne Bindung waren es nur noch 4 % *(1). Ups.
Brockhoff und Panreck haben zum Glück auch hier mal eine nette Rechnung aufgestellt *(3): Nehmen wir mal an, Moritz' Kollegin Kira hat ebenfalls nur eine geringe oder gar keine Bindung an ihren Arbeitsplatz und steckt pro Tag 15 Minuten in private Angelegenheiten (in Wahrheit sind es übrigens wesentlich mehr).
Bei einem Stundensatz von 16 € sind das tägliche Kosten von 4 €. Geht ja erst mal noch. Aufs Jahr berechnet, sieht das schon anders aus: 920 € sind es, die der Arbeitgeber zahlen kann. Zusätzlich geht natürlich noch die Leistung dieser 15 Minuten pro Tag verloren, wodurch weitere indirekte Kosten entstehen.
Hat ein Unternehmen 83 % gering bis gar nicht gebundene Mitarbeiter*innen, die alle am Tag 15 Minuten lang nicht arbeiten, ergeben sich in einem Unternehmen von 100 Angestellten jährliche Kosten von 76.360 €. Man hat's ja.
Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Gallup hat 2016 berechnet, dass in einem Betrieb von 500 Mitarbeiter*innen jährlich 83.000 € eingespart werden könnten, wenn man den Anteil hoch gebundener Angestellter um 5 % erhöhen und gleichzeitig den Anteil der Mitarbeiter*innen ohne emotionale Bindung um 5 % reduzieren würde *(1).
Und jetzt stellt euch mal ein Unternehmen vor, in dem der Großteil des Teams sich emotional mit der Arbeit verbunden fühlt. Wie wäre das?
In so einem Unternehmen würde jede*r als das wahrgenommen und wertgeschätzt werden, was er oder sie ist: als Mensch. Nicht als menschliche Ressource, die einfach nur da ist, um Vorschriften zu befolgen. Nein, als Mensch. Niemand müsste mehr bei der Arbeit seine Persönlichkeit und seine Bedürfnisse verstecken. Die Menschen könnten sich so kennenlernen, wie sie wirklich sind, sich gegenseitig öffnen, Vertrauen und Verbundenheit schaffen.
In so einem Miteinander, in dem alle wissen, dass sie gesehen und gehört werden, gehen Menschen tatsächlich gerne zur Arbeit. Denn sie sind zufrieden. Und wer zufrieden ist, ist gesünder, motivierter und dadurch auch produktiver. Wenn kein innerer Widerstand mich vom Arbeiten abhält, dann kann ich kreativ und effizient sein. Und wenn ich intrinsisch motiviert bin, geile Arbeit zu leisten, dann werde ich genau das auch tun.
_________________________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________________________
#mindsetmovers #leadership #positiveleadership #positivephilosophie #persönlichkeitsentwicklung #personaldevelopment #entrepreneursorganization #entrepreneurship #positiveentrepreneurship #motivation #führung
_________________________________________________________________________________________
Dir hat der Artikel gefallen? Teile ihn mit Deinem Netzwerk!