Vier verschiedene Generationen mischen zurzeit den Arbeitsmarkt auf. Die Jüngeren vertreten dabei ganz neue Werte. Führungskräfte täten gut daran, sich mit diesen zu befassen, denn die Einstellung zur Arbeit verändert sich. Führung sollte das auch.
Obstkorb und Kickertisch reichen nicht aus. Um es vor allem den jüngeren Generationen auf dem Arbeitsmarkt recht zu machen, braucht es schon ein bisschen mehr. Wieso ist das so? Haben die Jungen heutzutage überhaupt noch Lust zu arbeiten? Ziemlich eindeutig kann man sagen: Ja. Nur verfolgen jüngere Generationen dabei andere Werte und sind in Bezug auf ihren Job deutlich anspruchsvoller, als ihre Vorgängergenerationen.
Wieso das so ist, welche Generationen wir derzeit auf dem Arbeitsmarkt haben und wie sich ihre Werte unterscheiden, erfährst Du in diesem Artikel.
Okay, dass die Haltungen und Ansichten der Generationen sich in einigen Punkten erheblich unterscheiden, dürfte jedem in seinem Alltag bereits aufgefallen sein. Die „Jungen“ verstehen die „Alten“ nicht, die „Alten“ verstehen die „Jungen“ nicht.
Es ist sicher keine Überraschung, dass sich diese einflussreiche Zeit und die in ihr vorherrschenden gesellschaftlichen Bedingungen von Generation zu Generation unterscheiden. Die ganze Welt ist ständig im Wandel und somit verändern und entwickeln sich auch priorisierte Werte, Lebensstile & -biographien. Das ist der Grund dafür, dass unsere Vorstellungen vom Leben in vielerlei Hinsicht weit auseinandergehen *(1). Besonders deutlich wird dies in der Arbeitswelt. Hier treffen seit Einzug der jüngeren Generationen ganz neue Arbeitskonzepte und Forderungen auf die etablierte Arbeitsweise ihrer Vorgänger.
Aber eins nach dem anderen. Sehen wir uns zunächst einmal an, welche Generationen wir derzeit auf dem Arbeitsmarkt haben *(1):
Babyboomer: etwa 1950 bis 1965
Generation X: etwa 1966 bis 1980
Generation Y: etwa 1981 bis 1995
Generation Z: ab 1996
Die Übergänge von einer zur nächsten Generation sind sicherlich fließend und nicht derartig scharf voneinander zu trennen. Und noch viel sicherer kann man niemals alle Angehörigen einer Generation über einen Kamm scheren. Dennoch vereinen bestimmte Tendenzen und Einstellungen die Individuen der einzelnen Generationen.
Die Babyboomer sind die alten Hasen auf dem Arbeitsmarkt. Als Angehörige der geburtenstärksten Jahrgänge, sind sie es gewohnt, eine hohe Anzahl an Wegbegleitern um sich zu haben. Oft sind sie mit mehreren Geschwistern aufgewachsen und haben daher bereits in der Familie die Erfahrung gemacht, nicht der Familienmittelpunkt, sondern viel mehr ein Glied in der Kette zu sein. Sie haben daher schon früh einen Sinn für Gemeinschaft entwickelt und gelernt, sich in die Gesellschaft einzugliedern. In der Regel haben die Boomer außerdem eine vergleichsweise autoritäre Erziehung erlebt und daher schon im Kindesalter begonnen, sich an familiäre und gesellschaftliche Konventionen anzupassen.
Diese Anpassungsfähigkeit haben viele von ihnen in die Arbeitswelt übertragen. Sie haben kein Problem damit, das zu tun, was von ihnen erwartet wird und sich pflichtbewusst in die bestehende Ordnung zu integrieren. Hinzu kommt, dass die Babyboomer es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer hatten. Durch die große Menge an Konkurrentinnen mussten sie sich im Job schon früh durchsetzen und hierfür nicht selten an ihre Grenzen gehen *(1).
Dieser Umstand, gepaart mit der hohen Bereitschaft, sich an den Erwartungen ihrer Mitmenschen zu orientieren, führt dazu, dass viele Babyboomer dazu neigen, eine Bilderbuchkarriere hinzulegen und durch hohe Anstrengung beruflich aufzusteigen. Sie sind in der Regel intrinsisch motiviert, qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten *(2). Und diese hohe Leistungsbereitschaft zahlt sich aus: Heute geben die Boomer den Ton an. Der Großteil der Führungspositionen in Deutschland wird nämlich von ihnen besetzt.
Angehörige der Generation X sind in einer Welt aufgewachsen, in der sich der Fokus langsam verschoben hat: Weg von der Gemeinschaft, hin zum Individuum. Von ihren Eltern wurden sie meist zu eigenständigen Pragmaten erzogen und somit hat vor allem der Wert Selbstbestimmung bei ihnen einen hohen Stellenwert. Der Zeitgeist, den die Gen X kennengelernt hat, war außerdem geprägt durch wachsenden Wohlstand. Finanzielle Absicherung wird daher oft als Mittel verstanden, um selbstbestimmt leben zu können. Aus diesem Grund haben die X-Jahrgänge nicht selten eine stark materialistische Fokussierung.
So kommt es, dass Zugehörige der Gen X dazu neigen, ihrer Karriere und ihrem beruflichen Erfolg eine sehr hohe Bedeutung beizumessen, denn nur so können sie ihren Wohlstand finanzieren. Ihr wohl verdientes Geld ermöglicht ihnen den Luxus, sich auf ihre persönlichen Bedürfnisse und Wünsche konzentrieren zu können *(1). Autonomie und Individualismus werden von dieser Generation lieber ins Private verlagert. Ihr Job wird häufig als Mittel zum Zweck angesehen, ihre Freizeit nach ihren Vorstellungen gestalten zu können.
Für viele Angehörige der Gen X ist das Endresultat daher oft wesentlich wichtiger als der Prozess. Um an ihr Ziel zu kommen, tun sie was nötig ist. Im Job tun sie, was der Job verlangt. Am Ende werden sie dafür belohnt *(2).
Generation Y, Generation Why, Millennials, Generation@ – Diese Generation hat viele Namen und viele Gesichter. Was die Millennials wohl am meisten geprägt hat, war die Etablierung des Internets und die damit einhergehende wachsende Optionenvielfalt. Die Erziehung der Gen Y war typischerweise selbstbestärkend und ressourcenorientiert. Durch diese Umstände hat sie einen starken Drang nach individueller Selbstverwirklichung entwickelt. Sie sieht meist wenig Sinn darin, sich in eine bestehende Ordnung einzugliedern oder etwas zu tun „weil man das eben so macht“. Sie hinterfragt Traditionen und vor allem berufliche Konventionen und Vorstellungen *(1).
Durch das Wissen um die vielen verschiedenen Möglichkeiten gelten sie außerdem als recht sprunghaft und anspruchsvoll. Die Angst, etwas zu verpassen, sitzt vor allem den späteren Jahrgängen dieser Generation ständig im Nacken. Sie wollen den für sie perfekten Weg finden und sich nicht mehr für die Arbeit aufopfern. Ganz im Gegenteil: Die Arbeit soll ihnen Freude bereiten und muss für sie persönlich einen Sinn ergeben und auf ihre privaten Ziele einzahlen. Dient ein Job nicht ihrer Selbstverwirklichung, suchen sie schnell das Weite. Tut er es doch, stecken sie ihre ganze Kraft hinein *(2).
Angehörige der Generation Y streben häufig keine traditionellen Karrierepfade an, weil diese nicht zu ihrer Auffassung eines individuellen, selbstbestimmten Lebens passen. Da der Job ihrer persönlichen Selbstverwirklichung dient und ein Teil von ihnen ist, der gesehen werden soll, tendieren die Whys dazu, Berufs- und Privatleben stark zu vermischen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Personalführung passt das Konzept einer „Work-Life-Blend“ wesentlich besser zu ihnen als die „Work-Life-Balance“, die ihre Vorgängergeneration anstrebt *(3). Daher lassen sie sich im Job auf keine Kompromisse ein.
Diese unscharfen Grenzen zwischen Job und Privatleben wirken auf die Generation Z - die Jüngsten auf dem Arbeitsmarkt - eher abschreckend. Ähnlich wie die Generation X sehen sie ihr Entfaltungspotenzial eher im Privatleben, allerdings liegt der Unterschied darin, dass die jungen Digital Natives ihre Freizeit tendenziell höher gewichten, als den Job. Anders als ihre Vorgängergeneration fordern sie daher eine strikte Trennung zwischen Beruf und Freizeit sowie klare Strukturen. Sie wollen und werden keine Arbeit mit nach Hause nehmen; ihre Freizeit ist ihnen heilig *(2).
Angehörige der Gen Z haben dennoch einen hohen Drang nach Selbstverwirklichung – vielleicht sogar mehr als all ihre Vorgängergenerationen. Ihre Erziehung fand und findet mehr als jemals zuvor auf Augenhöhe statt. Ihre Eltern sind oft ihre eigenen persönlichen Berater und unterstützen die Z‘s dabei, ihren eigenen Weg zu gehen. Obwohl der Job dabei eine untergeordnete Rolle spielt, hat seine Qualität einen hohen Stellenwert. Bei allem was in der Welt passiert, sehnen die Jüngsten auf dem Arbeitsmarkt sich nämlich nach finanzieller Sicherheit *(1).
Wichtig dabei ist, dass die Arbeit sie erfüllt und Spaß macht. Die Gen Z will ihre persönlichen Bedürfnisse nicht im Job unterordnen müssen und sich noch weniger von Führungskräften herumschubsen lassen. Sie fordern im Beruf denselben Rahmen, in dem sie aufgewachsen sind: Ein Miteinander auf Augenhöhe, Selbstverantwortung und Flexibilität *(2).
Derzeit sieht die Verteilung der vier Generationen auf den Arbeitsmarkt wie folgt aus:Etwa 23,5% der Erwerbstätigen setzen sich aus der Babyboomer-Generation zusammen. Die Jüngsten dieser Generation sind mittlerweile ca. 56. Daher werden die Babyboomer in etwa 10 Jahren größtenteils vom Arbeitsmarkt verschwunden sein.
Mit ca. 36,4% ist die Generation X momentan noch zahlenmäßig auf dem Arbeitsmarkt überlegen. In ungefähr einem Jahrzehnt werden die Ersten dieser Generation anfangen, ihre wohl verdiente Rente zu genießen.
Die Generation Y ist ihrer Vorgängergeneration dicht auf den Fersen. Etwa 30,6% aller Arbeitsplätze werden aktuell von den Millennials abgedeckt, Tendenz steigend. Die Jüngsten der Gen Y sind nämlich um die 25 und damit eventuell noch im Studium oder in der Ausbildung. Ihr Anteil wird sich daher in den nächsten Jahren noch erhöhen.
Den kleinsten Anteil bildet die Generation Z – Kein Wunder, die meisten von ihnen befinden sich schließlich noch in der Schule oder Ausbildung. Auch wenn noch etwas Zeit ist, bis die Z-Generation sich auf dem Arbeitsmarkt ausbreitet, sind die 9,5%, die bereits im Job aktiv sind, nicht zu vernachlässigen *(4).
Verändern sich also die Wertesysteme der heutigen und zukünftigen Arbeitnehmerinnen, muss auch Führung sich verändern. Schließlich hängt der Erfolg von Unternehmen von der Leistung ihrer Belegschaft ab. Ist die Belegschaft unzufrieden, wird sie die geforderten Leistungen nicht erbringen. Eine „Da musst du halt durch“-Kultur wird heutzutage zwar noch von den älteren Herrschaften gelebt. Bei den Jüngeren wird das allerdings langfristig nicht mehr funktionieren.
Aber nicht nur das. Es ist heute wichtiger als jemals zuvor, sich auf die Bedürfnisse der neueren Generationen einzustellen. Wieso? Ganz einfach: Der Fachkräftemangel wird in Zukunft ein Problem sein. Wo Unternehmen heute schon Schwierigkeiten haben, die richtigen Mitarbeiter zu finden, wird es zukünftig noch viel problematischer sein, die richtigen Leute für’s eigene Team zu gewinnen.
Verantwortlich hierfür ist der demografische Wandel. Dass die Bevölkerung altert und schrumpft, ist heute kein Geheimnis mehr. Was diese Umstrukturierung des Altersaufbaus für den deutschen Arbeitsmarkt bedeutet, kann für die Zukunft ziemlich genau prognostiziert werden:
Das Statistische Bundesamt hat berechnet, dass sich die Bevölkerung im Erwerbsalter bis 2050 um 22% - 29% verringern wird. Bereits in 10 Jahren wird dieser Umstand auf dem Arbeitsmarkt deutlich spürbar sein *(5). Aber auch heute sind bereits über 40% der Berufsgattungen mit Fachkräfteengpässen konfrontiert und über die Hälfte der Unternehmen sehen den Fachkräftemangel aktuell als Risiko *(6).
Haben die geburtenstärkeren Jahrgänge den Arbeitsmarkt dann erst einmal verlassen, wird der Wettbewerb um gute Fachkräfte sich zuspitzen. Besonders die Vertreter jüngerer Generationen werden daher zukünftig die Wahl zwischen mehreren Arbeitgeberinnen haben. Um sich als Führungskraft also geeignete Fachkräfte zu sichern, wird es zunehmend relevant, sich auf die Bedürfnisse der Gen Y & Z einzustellen und ihnen die Arbeit im eigenen Unternehmen so attraktiv und angenehm wie möglich zu machen. Denn gefällt Laura, 26, die ihren Job sehr gut macht, die Firmenkultur und der Führungsstil ihrer Vorgesetzten nicht, wird sie früher oder später das Weite suchen und eine andere Firma mit ihren Fähigkeiten bereichern.
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*(1) vgl. Schlotter, Lorenz/Hubert, Philipp (2020): Generation Z – Personalmanagement und Führung. 21 Tools für Entscheider. Wiesbaden: Springer.
*(2) vgl. Klein, Claudia (2020): Jede Generation hat eigene Werte. In: physiopraxis. 18 (01). Stuttgard – New York: Georg Thieme Verlag.
*(3) vgl. Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (2011): Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Generation Y finden, fördern und binden. Düsseldorf. Link: 22.3.21
*(4) vgl. Statistisches Bundesamt (2019): Erwerbsbeteiligung. Erwerbstätige und Erwerbstätigenquote nach Geschlecht und Alter 2009 und 2019. Ergebnis des Mikrozensus. Link: 22.3.21
*(5) vgl. Statistisches Bundesamt (2006): Bevölkerung Deutschlands bis 2050. 11. Koordinierte Bevölkerungsberechnung. Wiesbaden. Link: 22.3.21
*(6) vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020): Fachkräfte für Deutschland. Link: 22.3.21#mindsetmovers
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